Europas Regierungen forcieren zu starke Befischung des Nordostatlantiks / Eine nachhaltige Quotenregelung muss endlich her

Berlin (ots) –

  • Die nachhaltigen Fangmengen für Makrele, Hering und Blauen Wittling wurden in den letzten Jahren um 4,8 Millionen Tonnen überschritten
  • Die Historie und der deutliche Abwärtstrend in den Bestandsentwicklungen zeigen: Eine gemeinsame Quotenregelung aller Staaten ist zwingend erforderlich
  • Verhandlungen der Fischereinationen beginnen morgen (19.-27. Oktober)
  • MSC: „Nationale Interessen gehören zurückgestellt“

Der MSC (Marine Stewardship Council), eine internationale gemeinnützige Organisation, die sich weltweit für den Erhalt der Fischbestände einsetzt, fordert von der Politik entschiedenes Handeln: Bedeutende Fischbestände im Nordostatlantik werden seit Jahren zu stark befischt, weil es den beteiligten Regierungen nicht gelingt, sich auf eine ökologisch tragfähige Fangquotenzuteilung zu einigen. [1] Stattdessen geben sie ihren Fischern Fangquoten mit auf den Weg, die in Summe deutlich über der wissenschaftlichen Empfehlung liegen.

Eine Analyse des MSC zeigt, dass die Fangmengen von Makrele, atlanto-skandischem Hering und Blauem Wittling in den letzten sechs Jahren die wissenschaftlich empfohlene nachhaltige Fangmenge um insgesamt 34 Prozent überschritten haben. Dies entspricht 4,8 Millionen Tonnen Fisch, die zu viel gefischt wurden und bei nachhaltiger Befischung im Meer hätten bleiben müssen! [2]

Jüngste Daten des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) zeigen: Zu starke Befischung von atlanto-skandischem Hering, Makrele und Blauem Wittling geht weiter

Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES), der den Zustand von Fischbeständen jährlich bewertet und wissenschaftliche, an einer nachhaltigen Befischung ausgerichtete Fangmengenempfehlungen gibt, hat letzte Woche neue Daten veröffentlicht. Sie zeigen, dass die zu starke Befischung der drei Schwarmfischbestände im Nordostatlantik auch dieses Jahr weitergeht: Die Summe der von den einzelnen Staaten anvisierten Fangmengen liegt für den atlanto-skandischen Hering um 35 Prozent, für die Makrele um 41 Prozent und für den Blauen Wittling um 25 Prozent über der wissenschaftlich empfohlenen nachhaltigen Fangmenge.

Besorgniserregend ist weiterhin, dass die vom ICES veröffentlichten Daten für alle drei Bestände in den letzten Jahren einen klaren Abwärtstrend erkennen lassen. Insbesondere der atlanto-skandische Heringsbestand ist in den letzten zehn Jahren um 36 Prozent geschrumpft.

Eine fortgesetzte Überschreitung nachhaltiger Fangmengen gefährdet die Bestände und das marine Ökosystem. Dass Fischbestände zusammenbrechen können, wenn sie längere Zeit überfischt werden, zeigt der atlanto-skandische Hering selbst: Er war einer der größten Fischbestände weltweit, bevor er in den 1960er Jahren infolge jahrelanger Überfischung zusammenbrach. Ganze 20 Jahre brauchte er, um sich wieder zu erholen.

MSC fordert Einigung beim Küstenstaaten-Treffen im Oktober

Einige der reichsten Nationen mit bestmöglichem Zugriff auf wissenschaftliche Daten teilen sich die Befischung von drei der größten und wirtschaftlich wertvollsten Fischbestände Europas – und doch mag es genau diesen Staaten seit Jahren nicht gelingen, gemeinsam ökologisch vertretbare, nachhaltige Fangquoten durchzusetzen. Stattdessen geben sie ihren Fischern Quoten mit auf den Weg, die in Summe weit über dem liegen, was nachhaltig ist. Da die internationale Gemeinschaft keinen Quoten-Konsens finden mochte, wurden auch die MSC-Zertifikate der Fischer suspendiert.

Der MSC fordert die politischen Entscheidungsträger aller Fangnationen auf, bei den anstehenden Treffen der nordostatlantischen Küstenstaaten vom 19. bis 27. Oktober 2021 eine gemeinsame Vereinbarung zur Bewirtschaftung dieser Bestände zu treffen. Diese Einigung muss mit den wissenschaftlichen Fangmengenempfehlungen in Einklang stehen. Andernfalls könnte es verheerende Folgen für diese ikonischen Bestände, für das Ökosystem im Nordostatlantik und für die von diesen Beständen abhängigen Fischereigemeinden haben.

Erin Priddle, MSC-Regionaldirektorin für Nordeuropa, sagt: „Fischbestände erstrecken sich oft über internationale Fischereizonen und politische Grenzen hinweg. Daher sind internationale Fangquotenregelungen unabdingbar, um sicherzustellen, dass genügend Fische im Meer verbleiben und sich vermehren können. Wir fordern die Fischereinationen im Nordostatlantik daher dringend auf, ihre nationalen Interessen zurückzustellen und sich auf dem bevorstehenden Treffen der Küstenstaaten zu nachhaltigen Bewirtschaftungsmaßnahmen für diese Bestände zu verpflichten. Es liegt in ihrer Verantwortung, die Rahmenbedingungen für den Schutz der Meere und Fischbestände zu schaffen.“

Dieser Aufruf wird auch von großen Einzelhändlern und Herstellern unterstützt. In einem offenen Brief an die Minister der Küstenstaaten, der am 27. September verschickt wurde, forderte eine Gruppe von über 40 Einzelhändlern und Herstellern, darunter Aldi, Coop, Tesco oder Sainsbury“s, konkrete Maßnahmen zur Entwicklung langfristiger Bewirtschaftungsstrategien für diese Arten. Viele der Unterzeichner erklärten, sie würden ihre Beschaffungspolitik neu bewerten, wenn die derzeitige nicht nachhaltige Situation anhält.

ANMERKUNGEN

[1] Zu den Fangnationen zählen die Europäische Union (EU), Norwegen, Island, Russland, die Färöer-Inseln, Grönland und Großbritannien, das 2020 den Status eines unabhängigen Küstenstaates erlangte. Diese Staaten bilden die Vertragsparteien der Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik (NEAFC).

[2] Zahlen berechnet auf der Grundlage neuer ICES Daten vom 30. September 2021.

Zwischen 2015 und 2020 übersteigen die tatsächlichen Fangmengen die wissenschaftlich empfohlenen Fangmengen des ICES um 4.781.470 Millionen Tonnen – davon 988.875 Tonnen für Hering, 1.584.574 Tonnen für Makrele und 2.208.021 Tonnen für Blauen Wittling (MSC-Berechnung auf der Grundlage von sechs Jahren [2015 – 2020] empfohlener Fangmengen und tatsächlicher Fangdaten des ICES).

Pressekontakt:

Gerlinde Geltinger, Pressesprecherin Deutschland, Österreich, Schweiz.
Tel: +49/(0)30/609855280, Email: gerlinde.geltinger@msc.org

Original-Content von: Marine Stewardship Council (MSC) übermittelt durch news aktuell

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