Mikrokredite in Äthiopien: Milch sorgt für Entwicklung

Zürich/ Debre Berhan (ots) –

Eine Kuh in der Schweiz produziert gewöhnlich mehr als 20 Liter Milch am Tag. Davon können äthiopische Bauern nur träumen: Die meisten Kühe am Horn von Afrika geben lediglich 1,5 Liter Milch am Tag. Doch die Nachfrage ist gross. Menschen für Menschen hat das Potential von Milchvieh in der Bekämpfung von Armut erkannt. Das Schweizer Hilfswerk versorgt besonders bedürftige Familien mit Jungkühen.

Knapp 700´000 Kühe gibt es in der Schweiz. Jede gibt rund 7000 Liter Milch pro Jahr. Dafür sorgen Kraftfutter und auf Milchleistung gezüchtete Rassen. Ein Milchbauernhof in der Schweiz produziert durchschnittlich 163 Tonnen Milch pro Jahr. Damit könnte er ein Dorf mit rund 2700 Einwohnern versorgen. Denn die Schweizer trinken im Schnitt 60 Liter pro Jahr.

Der Genuss solcher Mengen ist den Menschen in Ostafrika nicht vergönnt. Dort schätzen sich Kleinbauern glücklich, wenn sie nicht nur Ziegen besitzen, sondern auch eine Kuh. Was diese an Milch liefert, reicht kaum über den Eigenbedarf hinaus.

Zwar gibt es in Äthiopien 10 Millionen Kühe, aber sie produzieren viel weniger Milch als ihre Artgenossen in der Schweiz – meist lediglich 1,5 Liter pro Tag. Stallhaltung ist selten, mühsam sucht das Vieh sein Futter in überweideter Landschaft und findet oft nur trockene Halme auf ausgelaugten Böden.

Entsprechend ist Milch in Äthiopien ein wertvolles Gut. Auf den lokalen Märkten kostet ein Liter 0,75 bis 1 Franken. Das ist zwar billiger als in der Schweiz. Doch verdienen die Menschen auch nur einen Bruchteil: Der Tageslohn der meisten Äthiopier liegt unter zwei Franken.

„Deshalb hat die Milchviehwirtschaft Potential in der Bekämpfung extremer Armut“, sagt Kelsang Kone, Geschäftsführer von Menschen für Menschen. Die Schweizer Stiftung konzentriert sich auf „Hilfe zur Selbstentwicklung“ für die ärmsten Familien in abgelegenen Dörfern und in Slums der wachsenden Städte.

Kühe als Ausweg aus der Armut

Menschen für Menschen bringt Jungkühe in den Landdistrikt Abaya im südlichen Äthiopien. Besonders arme Familien können sie auf Basis eines Mikrokredits erwerben. Die Rückzahlung der Kredite geht nicht an die Stiftung, sondern an Selbsthilfegruppen und Genossenschaften, die damit weitere Kredite und Viehkäufe ermöglichen. „Wir richten das Angebot vor allem an alleinerziehende Mütter“, sagt Kelsang Kone. „Mit kleinen Kindern können sie kaum Erwerbsarbeit annehmen – doch ohne Arbeit kein Einkommen, um die Kleinen zu versorgen.“

Die Jungkühe bieten einen Ausweg aus dem Dilemma. Der Verkauf von Milch, Joghurt und Frischkäse bietet den Landfrauen ein stetiges Einkommen. Vier Jahre haben sie Zeit, den Kredit über umgerechnet rund 160 Franken zurückzuzahlen – was ihnen meist nicht schwerfällt: Nach rund einem Jahr können sie das erste Kalb der Kuh verkaufen und damit einen beträchtlichen Anteil am Kredit ablösen. Allein 2022 erhielten so 200 besonders arme Familien ein weibliches Rind. Schulungen begleiten die Massnahme: Die Kleinbäuerinnen lernen, wie sie durch Hofhaltung und Fütterung die Milchleistung mehr als verdoppeln können.

In der Grossstadt Debre Berhan will Menschen für Menschen 1200 Kindern aus den ärmsten Familien Lebensperspektiven geben, unter anderem über die Einkommensförderung der Eltern. Auch dort finden Frauen in Selbsthilfegruppen zu Schulungen zusammen. Die bisherige Tagelöhnerin Etagegnhu Wolderufael verwendete ihren ersten Mikrokredit zunächst zum Kauf und Verkauf von Hühnern, Ziegen und Schafen, bis sie mit einem weiteren Kredit ihrer Selbsthilfegruppe schliesslich eine Holstein-Kuh mit hoher Milchleistung erwerben konnte.

Einkommen vervielfacht

In ihrer Familie liegen nun Glück und Leid nahe beieinander. Ihr Ehemann ist an einem Glaukom (Grüner Star) erkrankt und vor einigen Monaten erblindet. „Es schmerzt mich, dass mein Mann leidet. Aber den Kindern geht es besser als früher“, sagt die Mutter von drei Buben: „Sie müssen nie mehr hungern!“

Früher lebte die ganze Familie in einem kleinen gemieteten Zimmer. Die Eltern schufteten als Tagelöhner. „Aber das Geld reichte nicht. Wir sind oft schlafen gegangen, ohne gegessen zu haben.“

Heute dagegen lebt die Familie in einem Lehmhaus, das sie selbst erbaut hat. Wenn die Buben von der Schule kommen, tischt die Mutter ihnen Brot und Joghurt auf. Der Grund dafür ist die Holstein-Kuh. „Milch ist knapp in der Stadt“, sagt die Mittdreissigerin: Obwohl auch das Kalb der Kuh trinken darf, kann sie täglich acht Liter verkaufen und nimmt so umgerechnet sechs Franken ein. Ihr Einkommen hat sich damit vervielfacht.

Nicht nur ihre eigenen Buben profitieren. Durch den Verkauf und im Rahmen von Nachbarschaftshilfe kommen auch die Kinder anderer Familien in den Genuss der Milch. Häufig essen Kinder in Äthiopien einseitige getreidebasierte Kost. Vier von zehn Kindern leiden unter „Stunting“: Sie sind zu klein für ihr Alter – ein Zeichen chronischer Mangelernährung. „Ein weiterer Grund, warum Menschen für Menschen, die Versorgung mit Milch zu verbessern versucht“, erklärt Kelsang Kone.

Menschen für Menschen setzt sich gegen Armut und Hunger ein. Die Stiftung wurde von dem Schauspieler Karlheinz Böhm (1928 – 2014) gegründet. Im Geiste des Gründers schafft das Schweizer Hilfswerk Lebensperspektiven für die ärmsten Familien in Äthiopien. Ziel der Arbeit ist es, dass sie in ihrer Heimat menschenwürdig leben können. Schwerpunkte der einzelnen Projekte sind Frauenförderung, Berufsbildung, Mikrokredite, Kinderhilfe, Familienplanung und landwirtschaftliche Entwicklung. Die Komponenten werden nach den lokalen Bedürfnissen kombiniert und mit sorgfältig ausgewählten einheimischen Partnern umgesetzt.

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