Vom Acker auf den Teller: Schweizer Hofrestaurants im Porträt
von belmedia Redaktion Allgemein Ernährung Essen & Trinken Gastronomie Hotellerie News Produkte Spezialitäten
Schweizer Hofrestaurants verbinden Landwirtschaft und Gastronomie auf Augenhöhe. Direkt auf dem Bauernhof entstehen Gerichte, die Herkunft, Saisonalität und Handwerk vereinen – und dabei neue Massstäbe setzen.
Regionale Zutaten, kurze Wege, authentischer Geschmack: Hofrestaurants feiern in der Schweiz eine Renaissance. Sie bieten nicht nur frische Küche, sondern auch Erlebnisse, bei denen Landwirtschaft, Genuss und Nachhaltigkeit eins werden.
Direkt vom Feld in die Küche: Ein wachsender Trend
Hofrestaurants sind weit mehr als Ausflugslokale mit Bauernhofromantik. In den letzten Jahren haben sich viele Betriebe von klassischen Besenbeizen zu kulinarischen Adressen entwickelt. Immer mehr Höfe eröffnen eigene Küchen, in denen die Produkte des Betriebs in handwerklich anspruchsvolle Gerichte verwandelt werden.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Maximale Frische ohne Zwischenhandel
- Volle Transparenz über Herkunft und Haltung
- Saisonale Vielfalt mit täglichem Bezug zum Boden
- Geringerer CO₂-Ausstoss durch kurze Lieferketten
Hofrestaurants laden Gäste nicht nur zum Essen, sondern zum Erleben ein. Die Nähe zu Stall, Acker oder Rebstock ist kein Kulissendetail – sie wird bewusst in das gastronomische Konzept eingebunden.
Drei Hofrestaurants, drei Konzepte
Im Folgenden stellen wir drei exemplarische Hofrestaurants aus unterschiedlichen Regionen vor. Jedes zeigt auf eigene Weise, wie Kulinarik und Landwirtschaft ineinandergreifen können.
- Biohof Wannenwis, Turbenthal ZH – vegetarische Küche mit biodynamischem Gemüse
- Ferme de la Chaux, Vaud – kreative Küche mit hofeigenem Fleisch, Wein und Käse
- Bergbeiz Alpenruh, Uri – alpiner Genuss mit Eigenjagd, Ziegenhaltung und Kräutergärten
Biohof Wannenwis: Gemüse im Mittelpunkt
Zwischen Töss und Waldrand liegt der Biohof Wannenwis. Seit über 20 Jahren arbeitet der Betrieb biodynamisch. 2020 wurde ein kleines Hofrestaurant eröffnet, das sich auf vegetarische und vegane Küche spezialisiert hat.
Die Zutaten stammen fast ausschliesslich vom eigenen Acker: Wurzelgemüse, alte Tomatensorten, Spinat, Mangold, Kräuter. Eier und Quark liefert eine Partnerfamilie aus der Nachbarschaft.
Die Küche ist puristisch, aber raffiniert. Gerichte wie Karotten-Ingwer-Tarte mit Schwarzkümmel oder Randen-Gnocchi auf Selleriecreme zeigen, wie Gemüse zum Star wird. Brot wird mit eigenem Sauerteig gebacken, fermentierte Säfte begleiten das Menü.
- Chancen: kompromisslose Frische, hoher ethischer Anspruch, experimentelle Küche
- Grenzen: wetterabhängige Versorgung, kein Fleischangebot, eingeschränkte Platzanzahl
Ferme de la Chaux: Regionalität mit französischer Eleganz
Im Waadtland bei Bex betreibt die Familie Blanc eine Gemischtwirtschaft mit Weinbau, Viehzucht und Käserei. Seit 2018 ist das alte Gutsgebäude umgebaut – das neue Restaurant verbindet ländliche Gastlichkeit mit französischer Klassik.
Auf dem Menü stehen Terrinen vom eigenen Schwein, Ofenhuhn mit Lavendeljus, Kartoffelpüree mit Trüffelöl aus der Region. Käse, Most und Apfelbrand kommen vom eigenen Hof oder benachbarten Produzenten.
Die Gäste essen in einem Saal mit Sicht auf die Weinberge oder draussen unter Kastanien. Gekocht wird mit Holzofen, saisonal und handwerklich präzise – mit gelegentlichen Überraschungen.
- Chancen: starke Verankerung im Terroir, Wein- und Käsekultur, charmantes Ambiente
- Grenzen: hoher Personalbedarf, saisonale Auslastung, begrenzter Bekanntheitsgrad ausserhalb der Romandie
Bergbeiz Alpenruh: Kulinarik auf 1’400 Metern
Oberhalb von Erstfeld, auf einer Alp mit Blick ins Reusstal, steht die „Alpenruh“. Seit Generationen wird hier Ziegenhaltung betrieben. Die Junggeneration hat die Küche übernommen – mit alpiner Küche auf Spitzenniveau.
Im Sommer gibt es hausgemachte Capuns mit Wildkräutern, geräuchertes Ziegenfleisch mit Preiselbeeren, hausgemachte Butter, frisches Holzofenbrot. Im Herbst ergänzt Wild aus Eigenjagd das Angebot. Jedes Gericht erzählt vom Ort – ohne Chichi, aber mit Können.
Der kleine Gastraum aus Arvenholz wird nur an drei Tagen pro Woche bespielt. Reservierung ist Pflicht. Der Zugang erfolgt zu Fuss oder mit Geländewagen – ein Abenteuer mit Geschmack.
- Chancen: Einmaligkeit des Orts, Eigenproduktion auf allen Ebenen, Erlebnisfaktor
- Grenzen: eingeschränkte Erreichbarkeit, kurze Saison, wetterbedingte Unsicherheiten
Warum Hofrestaurants überzeugen
Hofrestaurants sind mehr als ein Trend. Sie beantworten zentrale Fragen der heutigen Kulinarik:
- Woher kommt mein Essen – und wer hat es gemacht?
- Wie viel Nähe zum Produkt ist möglich?
- Wie kann Genuss mit Verantwortung verbunden werden?
Gleichzeitig sind sie ein Gegenentwurf zu überinszenierter Gastronomie. Sie bieten Geschmack ohne Schnörkel, Nähe statt Dekoration – und schaffen eine Atmosphäre, die Vertrauen, Neugier und Genuss verbindet.
Herausforderungen für Hofgastronomen
Trotz des Erfolgs stehen Hofrestaurants vor strukturellen Herausforderungen:
- Personalgewinnung im ländlichen Raum
- Regelungen zu Hygiene, Bau und Lärm
- Spagat zwischen Landwirtschaft und Gastbetrieb
- Marketing ohne klassische Vertriebswege
- Gästeerwartungen bei Wetterumschwung oder Produktengpässen
Viele Betriebe lösen dies mit flexiblen Angeboten: Brunch statt Abendservice, Saisonkarten statt Speisekarte, Selbstbedienung statt Servicepersonal.
Fazit: Essen, wo es wächst
Schweizer Hofrestaurants verbinden Genuss mit Haltung. Wer dort isst, erfährt nicht nur Aromen – sondern Zusammenhänge. Die Nähe zum Ursprung schafft eine neue Wertschätzung für Lebensmittel, Handwerk und Landschaft.
- Ehrliche Produkte
- Saisonale Küche
- Gastfreundschaft mit Bodenhaftung
Hofrestaurants sind nicht perfekt – aber echt. Und genau das macht ihren besonderen Reiz aus.
Quelle: gourmetnews.ch-Redaktion
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