Millionenfaches Kükentöten und kein Ende

Das Kükentöten geht weiter – jährlich sterben 3 Millionen in der Schweiz und über 3 Milliarden weltweit! Das Gros der Branche wartet auf die Geschlechtsbestimmung am Ei.

Obwohl diese technische Lösung die Hochleistungszucht und Massenproduktion unterstützt, ist sie aus tierschützerischer Sicht inakzeptabel. Innovative Projekte mit Zweinutzungshühnern und Bruderhähnen bieten bereits heute Alternativen zum Bibelitöten.

Todesurteil: Falsches Geschlecht

Der Grund für das millionenfache Töten männlicher Eintagesküken: Sie sind „nutzlos“, legen weder Eier noch setzen sie Fleisch an. Sie gehören zu einer hochgezüchteten Legerasse. Höchstleistungen bei Eiern und bei Fleisch gleichzeitig sind genetisch ist es ein Ding der Unmöglichkeit.

Schnell geschreddert oder langsam erstickt

Leben zu erzeugen und gleich wieder zu vernichten, ist ethisch inakzeptabel. In der Schweiz wird rund die Hälfte der toten Bibeli für Tierfutter verwendet, der Rest landet in der Biogasanlage. In der Schweiz werden die Küken kaum mehr geschreddert, dennoch fordert eine Motion des Nationalrats ein Verbot. „Dies ist zu begrüssen, doch ist das Vergasen mit CO2 viel humaner?“, fragt Nadja Brodmann vom Zürcher Tierschutz. Fakt ist: Die Bibeli springen auf, ringen nach Luft und sterben nach einem minutenlangen Todeskampf qualvoll. Bei Vögeln dauert dies länger als bei Säugern, weil im Lungensystem und Gefieder mehr Luft gespeichert ist.


Massentierhaltung dominiert die Nutztierhaltung (Bild: © Zürcher Tierschutz)

Branche hofft auf Geschlechtsbestimmung am Ei

Ideal wäre, die männlichen Eier vor dem Bebrüten auszusortieren. In deutschen Brütereien laufen bereits Tests mit „In-Ovo-Verfahren“ zur Geschlechtsbestimmung am Ei, doch diese sind noch nicht praxisreif. Hauptkriterien sind die Kosten, aber auch die Schnelligkeit und die Fehlerquote, zudem darf die Schlupfrate der Weibchen nicht leiden. Bisher kommt keine Methode ohne Bebrüten aus, der früheste Test findet am 4. Tag statt. GalloSuisse ist offen für solche In-ovo-Methoden. Bio Suisse hofft auf frühere Verfahren, weil ab dem 3. Tag das Herz des Embryos zu schlagen beginnt, und prüft derweil Alternativen.


Einseitige Zucht auf höchste Eierleistung hat Schattenseiten: Die Männchen sind „nutzlos“. (Bild: obs/Zürcher Tierschutz/© Anatolii – stock.adobe.com)

Bruderhähne: Aufzucht statt Wegwerfware

Die Brüder der Legehennen können aufgezogen werden. Sie wachsen aber langsamer als Masthühner, fressen mehr Futter und erbringen nur Mini-Brüstli. Dennoch sind innovative Projekte entstanden. Die Bio-Eierhandelsfirma Hosberg vertreibt unter dem Label „Henne & Hahn“ Eier von Hennen, deren Brüder von der Gallina Bio AG wie Bio-Poulets aufgezogen werden. Auch beim Demeter-Projekt „Hahn im Glück“ wird zu jeder Henne Hahn aufgezogen. Damit sich die Mast lohnt, wird ein Aufpreis der Eier an die Mäster erstattet. Ein anderes Beispiel ist der Bio-Betrieb „Eichberg“. Hier werden Bruderhähne in einem separaten Stallabteil gleichzeitig mit den Weibchen aufgezogen. Eine Erfolgsgeschichte: Das köstliche Fleisch wird ab Hof vertrieben und zu Knusperli und Burgern verarbeitet. Diese Delikatessen wurden mit der Bio-Gourmetknospe ausgezeichnet.

Die Vision: ein Zweinutzungshuhn

Aus Tierschutzsicht ideal wäre ein Zweinutzungshuhn, das die Nutzung der Weibchen für Eier und der Männchen für Fleisch erlaubt. Das hiesse aber Verzicht auf Höchstleistungen. In der Schweiz engagiert sich derzeit nur Coop für ein Zweinutzungshuhn: Fünf Bio-Betriebe halten „Dual-Hennen“ für Coop. Die Männchen werden wie Poulets aufgezogen und vermarktet. Die Hennen legen allerdings 20% weniger Eier und bis zu 26% mehr Kleineier. Sie werden unter dem Standard (in Gramm: 45+ anstatt 53+) in ausgewählten Filialen zu rund 1.- Franken Aufpreis pro 6er-Schachtel verkauft. Die Minderleistung der Hennen ist ins Gesamtkonzept eingebettet. Coop will das positive Projekt weiterführen.

Fazit: Ohne Systemwechsel kein Ende der Qualen

Unter den heutigen Bedingungen mit einseitiger Hochleistungszucht und Massenproduktion sind weder Zweinutzungshühner noch Bruderhähne wirtschaftlich konkurrenzfähig und werden Nischenprodukte bleiben. Solange überzüchtete Turbohennen für Eier und schnellwüchsige Mastkolosse für Fleisch den Markt dominieren, haben ethische Alternativen selbst bei hoher Zahlungsbereitschaft kaum eine Chance. Und solange werden weiterhin Millionen Küken getötet. Der Zürcher Tierschutz kritisiert den Trend zu immer mehr, immer schneller, immer billiger. „Die heutige Massenproduktion von Eiern und Fleisch ist ein krankes System, unter dem Tiere und Umwelt leiden“, so Brodmann.

Forderungen aus Tierschutzsicht

Sobald die Geschlechtsbestimmung am Ei in einem Frühstadium praxisreif ist, wird das Bibelitöten ethisch inakzeptabel. Da der Embryo ab dem 7. Bebrütungstag Schmerzen empfindet, sind frühere Methoden zu fordern. Ideal wäre ein Verfahren ohne Bebrüten, um die männlichen Eier als Lebensmittel verkaufen und die Zahl der Legehennen entsprechend reduzieren zu können. Aus Tierschutzsicht ist aber nicht diese technische Lösung das Endziel, sondern die Abkehr von der Massenproduktion und die Zucht eines konkurrenzfähigen Zweinutzungshuhns.

 

Quelle: Zürcher Tierschutz
Titelbild: obs/Zürcher Tierschutz/© Eky Chan – stock.adobe.com

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