Vegan von Kindesbeinen an - Gesund oder gefährlich?

Mutter und Tochter halten sich eine Gurkenscheibe ans Auge

Ob manche Menschen sich selbst und ihre Kinder vegan ernähren, hat häufig einen ethischen, seltener einen medizinischen Hintergrund. Auf tierische Produkte zu verzichten, erhält einen immer wichtigeren Stellenwert in der heutigen Gesellschaft. Die Ernährung ist insgesamt bewusster geworden, sie soll zu mehr Vitalität, besserer Gesundheit und, vor allem, zu einem reinen Gewissen führen. Doch ist dieser Ernährungsansatz auch für Kinder geeignet? Welche Risiken können entstehen, wenn bereits ab Beikostalter nur Gemüse und Getreide auf dem Teller landen?

Vegane Eltern oder jene Menschen, die eine Kinderwunsch haben, sehen sich hier mit vielen gegensätzlichen Aussagen konfrontiert. Von „absolut schädlich“ bis „gesund auch für Kinder“ reicht hier die Spannweite. Viele Aussagen davon sind aber leider nicht von Wissenschaftlern oder Menschen mit fundiertem Wissen getroffen, sondern von überzeugten Veganern, die keine andere Ernährungs- und Lebensweise zulassen möchten. Was ist denn jetzt richtig? Vegane Kinderernährung: Ja oder Nein?

Experten sind sich uneinig

Immer wieder tauchen Horror-Meldungen auf: „Kind verhungert, weil Eltern es vegan ernährt haben“ oder „Schwere Entwicklungsschäden durch vegane Ernährung bei Kleinkind“. Wissenschaftler, Ernährungsexperten und Kinderärzte warnen davor, dass schwere Mangelerscheinungen zu Fehlentwicklungen führen, die mitunter sogar irreparabel sind.

Doch es gibt auch Gegenstimmen, die der Meinung sind, dass eine voll vegane Ernährungsweise selbst bei Kindern ohne Probleme möglich ist. Solche gegensätzlichen Aussagen und Unmengen an kursierenden Halbwahrheiten verunsichern viele Eltern, ihre eigenen Kinder vegan zu ernähren. Trotz des eigentlichen Gewissenskonfliktes gestatten diese Eltern dann häufig, dass ihre Kinder ausserhalb bei den Grosseltern, in der Kindertagesstätte oder in der Schule auch Joghurt, Milch oder Fleisch verzehren dürfen.

Andere Eltern sprechen sich klar für eine vegane Ernährung aus und ziehen diese strikt durch. Eine vegane Ernährung bei Kindern scheint also doch irgendwie möglich zu sein. Immerhin sind die Kinder, die schwerwiegende Ernährungsfehler aufweisen, eher die Ausnahme. Wie kann das funktionieren?

Vegane Kinderernährung muss nicht zwangsläufig zu Mangelerscheinungen führen

Wer ohne fundiertes Wissen über Nährwerte, Vitamine und allgemein über Nahrungsmittel eine vegane Ernährung umsetzt, wird früher oder später Mangelerscheinungen aufweisen. Sich dieses Wissen also vorher anzueignen und es umzusetzen ist der Schlüssel für eine gesunde, vegane Ernährung ohne Mangelerscheinungen.

Das bedeutet, dass die Umstellung auf eine voll vegane Ernährungsweise nicht von heute auf morgen vonstatten geht. Einfach alle tierischen Produkte wegzulassen ist keineswegs gesund. Der Speiseplan muss vielfältig aufgebaut sein, um alle benötigten Vitamine, Mineralstoffe und Fette in ausreichender Menge zu liefern. So sollte das Wissen darum von Veganern deutlich über das gängige Schulwissen hinausgehen, damit keine Mangelerscheinungen entstehen.

Vitaminmangel muss ausgeglichen werden

Vitamin B12 ist lebenswichtig, da es für die Blutbildung und viele weitere Vorgänge im Körper essentiell ist. Es steckt aber ausschliesslich in tierischen Produkten, überwiegend in Fleisch, weniger in Milch und Eiern. Um genau dieses Vitamin dreht sich die hauptsächliche Argumentation, warum eine rein vegane Ernährung nicht gesund sein kann. B12 ist das einzige Vitamin, welches in der Leber angereichert wird. Benötigt der Körper dieses, gibt die Leber etwas aus dem Speicher frei. Damit dieses Depot aber überhaupt aufgebaut und gehalten werden kann, ist es nötig, 1 bis 2 Mal pro Woche tierische Produkte zu verzehren.

In Nori-Algen und Shiitake-Pilzen kommt es zwar auch vor, aber zu solch geringen Mengen, dass es bei Weitem nicht ausreicht. Ob das darin enthaltene, pflanzliche B12 überhaupt vom Körper verwertet werden kann, ist nicht erwiesen. Das bedeutet, dass Menschen, die sich vegan ernähren, besonders den B12-Mangel nicht anderweitig ausgleichen können. Für Kinder kann das schwerwiegende Folgen haben, etwa Entwicklungsverzögerungen bis hin zu Blutarmut und weiteren, teils schweren Krankheiten. Denn anders als viele Erwachsene können Kinder nicht aus ihrem B12-Depot zehren, da sie noch keinen aufgebaut haben.

Erwachsene hingegen können sogar mehrere Jahre mit ihrem körpereigenen Speicher auskommen. Folglich ist bei ihnen ein B12-Mangel im Blutbild erst nach vielen Jahren veganer Ernährung feststellbar. Ob bei den Kindern ein Mangel vorhanden ist, kann ein Bluttest zeigen. Dieser gibt zudem direkt Aufschluss darüber, ob vielleicht noch weitere Vitamin- oder Mineralstoffdefizite vorhanden sind.


Vitamin B12
Das für Kinder wichtige Vitamin B12 ist nur in tierischen Produkten in einer ausreichenden Menge enthalten. (Bild: bitt24 – shutterstock.com)

Vegane Ernährung bei Kindern ist möglich

Grundsätzlich ist an dem Gedanken, ein Kind von vornherein an eine rein pflanzliche Ernährung zu gewöhnen, nichts Verwerfliches zu finden. Ein Zeichen gegen Massentierhaltung, das Leid der Tiere, deren Ausbeutung und schlussendlich Tötung zu setzen, ist durchaus ehrenvoll. Nicht aus den Augen verlieren sollten vegan lebende Eltern aber, dass ihre Kinder für eine gesunde Entwicklung auch Bestandteile aus tierischen Produkten benötigen. Diese einfach wegzulassen, ist keine Option, denn der Körper kann den Mangel nicht selbst ausgleichen. Stattdessen sollten die Eltern so verantwortungsbewusst sein, dass sie gerade das wichtige B12 in Form von Tabletten, Tropfen oder sogar Zahnpasta ergänzen. Werden also dem Körper alle lebenswichtigen Bausteine zugeführt, ist eine vegane Kinderernährung durchaus umsetzbar und in der Tat gesund.

 

Titelbild: Roman Samborskyi – shutterstock.com

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Mehr zu Marta Fischer

Marta Fischer ist leidenschaftliche Autorin mit einem ausgeprägten Harmoniebedürfnis.
Schreiben empfindet sie als Lebenselixir und möchte damit möglichst viele Menschen erreichen.

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